Grußworte von Eckhard Kleinlützum

17.08.2023
Eckhard Kleinlützum

Gerne hätte ich zu den Anfängen des Reha-Vereins und seiner Entwicklung gesprochen.

Doch mein treuer Freund Parkinson zeigt mir immer deutlicher, wo meine Grenzen sind - deshalb übernimmt Herr Dirk Stammler, ebenfalls Mitglied des Aufsichtsrats, netterweise meinen Part.

Eine in vielerlei Hinsicht ungewöhnliche Vereinsgründung fand am 18.Juni 1973 in der Landesklinik Rheydt statt. Diese wurde im Dezember 1972 offiziell eröffnet.

Schnell zeigte sich - geprägt durch das charismatische Auftreten des Klinikchefs Herrn Dr. Veltin - bei vielen Mitarbeiter*innen eine Identifizierung mit dessen Idee einer Gemeindepsychiatrie - weg von der damaligen üblichen Versorgungspsychiatrie hin zu mehr Einbeziehung aller Beteiligten.

Auch den psychisch erkrankten Menschen.

Die Vereinsgründung fand während einer Sitzung der wöchentlich stattfindenden „Wirtschaftskonferenz“ statt. Diese Konferenz diente der Gestaltung eines möglichst reibungslosen Betriebsablaufs und wurde von Vertretern aller Bereiche der Klinik aufgesucht.

Die unkonventionelle enge organisatorische und personelle Verflechtung von Institution Klinik und gemeinnützigem Verein waren für die ersten Entwicklungsschritte des Reha-Vereins haltgebend.

Dr. Veltins Vision einer offenen, menschlichen, teilhabenden Psychiatrie fanden in der Stadt beim Sozialdezernenten Herrn Buhlmann offene Ohren und dadurch die Bereitschaft, Neues / Anderes zu wagen.

Die Art und Weise, wie Dr. Veltin als Klinikchef auch für den nicht ärztlichen Bereich erreichbar, ansprechbar und verlässlich war, prägte mich sehr.

Gespräche mit ihm über ambulante Versorgungsmöglichkeiten, Finanzierungsmodelle, Zusammenarbeit mit anderen Stellen wie Stadt / LVR führten zu vielen neuen Impulsen.

So konnte ich erst ehrenamtlich und schließlich ab 1975 als angestellter Sozialarbeiter nicht nur bei der konzeptionellen Erarbeitung neuer Hilfsmöglichkeiten, Wohn- und Lebensformen, Teilhabemöglichkeiten diese theoretisch mit entwickeln, sondern durch praktisches „Tun“ umsetzen.

Wie die Wohngemeinschaft auf der Dahlener Straße, die Kontaktstelle auf der Gasstraße, das Kontaktzentrum und das Cafe 37 auf der Brucknerallee.

Der kontinuierliche Ausbau der Hilfsangebote und die damit verbundene Professionalisierung der Vereinsführung führte schließlich zu einer verpflichtenden Versorgungspartnerschaft.

Heute gibt es in ganz Mönchengladbach neben dem betreuten ambulanten auch das stationäre Wohnen, Tages- und Werkstätten, Kontaktzentren, einen psychiatrischen Pflegedienst, bis hin zur Versorgung Suchtkranker in ambulanter und stationärer Wohnform sowie tagesstrukturierende Angebote wie die Kulturküche und die Vinylgarage.

Auf Grund meiner eigenen mobilitätseingeschränkten Lebenssituation kann ich darauf hinweisen, wie schwer es auch im Jahre 2023 ist, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und wie wichtig diese Möglichkeit doch für eine gesunde Balance ist.

Obwohl so viel in den letzten 50 Jahren erreicht wurde, fehlt es u. a. weiterhin in der häuslichen Versorgung an individueller finanzierbarer Hilfe.

„Nicht der Betroffene hat sich am System zu orientieren, sondern das System an den Menschen.“

Auch so ein mir immer wieder in den Kopf kommender Satz von Dr. Veltin, der an Aktualität nichts verloren hat.

Mit nettem Gruß

Eckhard Kleinlützum