Erfolgreich gegen Parolen, Palaver und Populismus

13.02.2025
Prof. Hufer bei seinem Vortrag in der Kulturküche

"Ich habe ja nichts gegen ..., aber..." oder "Man wird ja wohl noch sagen dürfen, dass..." - wie oft begegnen einem diese Sprüche und wie oft ist man im ersten Moment sprachlos, obwohl man ganz anderer Ansicht ist und diese auch vertreten möchte. Die Situationen entstehen im Alltag, im beruflichen Kontext, im Freundeskreis und - ganz besonders bitter - auch im familiären Umfeld.

Wie aber reagieren?
Aus der Sprachlosigkeit herauszukommen, Mechanismen zu durchschauen und Anhaltspunkte für ein souveräneres Auftreten und Argumentieren zu bekommen, darum ging es im Workshop mit Professor Klaus-Peter Hufer im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Politik verstehbar". Neben fachlichem Input gab es Gelegenheit zum Austausch und zu einem Rollenspiel.

Erste Erkenntnis: Die Sprachlosigkeit und Überforderung im ersten Moment trifft eigentlich alle, auch diejenigen, die sich beruflich mit dem Thema befassen, denn die Situationen kommen überraschend und überfallartig. Die Parolen lassen kein Wenn und Aber zu, sondern verkürzen extrem, es gibt keine faktenbasierte Argumentation, sondern eben nur emotional und oft aggressiv aufgeladene Sprüche.

Zweite Erkenntnis: Wer schweigt, stimmt zu. Wer aber reagiert und wessen Reaktion auch andere mitbekommen, der macht auch anderen Mut, sich zu wehren und gegen Halbwahrheiten und Parolen einzutreten. Wichtig ist allerdings lt. Prof. Hufer, dabei den eigenen Handlungsspielraum zu erkennen. Das Sich-Wehren soll keine "Anleitung zum Selbstmord" sein. Im Zweifelsfall und in eskalierenden Situationen besser die 110 wählen und die Polizei rufen.

Dritte Erkenntnis: "Was ohne Fakten nicht geglaubt wird, wird auch mit Fakten nicht geglaubt." Auch diese Erfahrung haben viele schon gemacht: differenzierten Erklärungen und Argumenten hört die Gegenseite oftmals gar nicht zu oder betitelt sie als "Fake News". Im Zweifelsfall siegt die Lautstärke der Parolen und Sprüche.

Den zunehmenden Rechtsruck in der Gesellschaft erklärt Prof. Hufer teilweise aus zwei einander widerstreitenden Megatrends: einer zunehmenden Globalisierung mit - als Folge des Klimawandels - zunehmenden Migrations- und Fluchtbewegungen steht eine zunehmende Individualisierung entgegen, durch die die Gesellschaft in verschiedene soziale Milieus zerfällt, die kaum konsensfähig sind. Jugendliche seien zunächst fast immer ohne feste Ideologie, würden aber gezielt über Freizeitangebote und Beiträge in Social Media immer tiefer mit rechtem Gedankengut infiltriert.

Für das anschließende Rollenspiel suchte sich die Gruppe das Thema "Kopftuchverbot" aus. Hier wiederholte sich die "erste Erkenntnis": Den Parolenschwingern fiel es wesentlich leichter, ihre Position darzustellen und zu verteidigen als der Gruppe, die für Toleranz plädierte. Sie wurde regelrecht mundtot gemacht. Fazit: Man hat die Sprüche tatsächlich im Kopf, ob man sie gut findet oder nicht...

Erfolgreich gegen Parolen, Palaver und Populismus: dazu gab es zum Schluss auch noch zehn Tipps als Handreichung für alle. Hier sei nur auf den letzten Tipp verwiesen:
"Seien Sie gelassen: Sie allein können zwar die Welt nicht ändern, aber Sie sind nicht allein - viele denken so wie Sie.
Wir danken Professor Hufer für den interessanten und anregenden Nachmittag!


Zur Person:
Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer ist außerplanmäßiger Professor an der Fakultät Bildungswissenschaften der Universität Duisburg-Essen und hat zahlreiche Bücher, Buchbeiträge und Aufsätze in Zeitschriften zur politischen Bildung verfasst. Mit seinen beiden Büchern „Argumentationstraining gegen Stammtischparolen“ (10. Aufl.) und „Argumente am Stammtisch“ (7. Aufl.) will er die Leser*innen befähigen, sich mit fremdenfeindlichen und rassistischen Sprüchen auseinanderzusetzen und ihnen zu widersprechen. Die entsprechenden Seminare sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz bekannt. U.a. auf der Seite der Friedrich-Ebert-Stiftung kann man mehr über ihn erfahren.

Alle Fotos: Social Media Team Reha-Verein