Wie der Reha-Verein seit 50 Jahren Menschen hilft

03.11.2023
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Bericht zur Fachtagung von Friedhelm Ruf - Rheinische Post vom 01.11.2023

Beim „Jubilar“ sind 270 Menschen an zehn Standorten beschäftigt. Der Verein ist auf die professionelle Begleitung psychisch Erkrankter spezialisiert. Mit einer Fachtagung zum Thema Inklusion wurde das Jubiläumsjahr beendet

„Wir gehen direkt zu den Menschen, wenn sie ein psychisches Problem haben.“ Für Dieter Schax, Vorstandsvorsitzender des Reha-Vereins, ist daher der Blick auf die vergangenen 50 Jahre eine Erfolgsgeschichte. Wichtige gemeindepsychiatrische Veränderungen seien in der Stadt initiiert und umgesetzt worden. „Die Gründung der heutigen LVR-Klinik in Rheydt ist untrennbar mit dem Reha-Verein verbunden“, sagt Sozial-Beigeordnete Dörte Schall bei einer Fachtagung in Rheindahlen, wo der Verein an ein halbes Jahrhundert Sozialpsychiatrie in der Stadt erinnerte.

„Ihr Verdienst ist der Dienst am Menschen“, lobt Oberbürgermeister Felix Heinrichs. In der Tat: Als in den 1970er Jahren über die bundesdeutsche Psychiatrie diskutiert wurde, wurde in Mönchengladbach der Versuch gestartet, eine psychiatrische Klinik in die Kommune zu verlagern und nicht – wie bis dahin üblich – fern von Wohn- und Lebenswelt. So begann 1972 die LVR-Klinik in Rheydt ihre Arbeit. Ihr erster Ärztlicher Leiter, Alexander Veltin hatte die Idee, 1973 den Reha-Verein zu gründen. Dass damals der Ärztliche Leiter auch Vorsitzender des Reha-Vereins war, nennt Veltins Nachfolger Ralf Seidel unverzichtbar, damit der Verein sich nicht von der Klinik separiere. Zudem habe der Reha-Verein von Anfang an im Paritätischen Wohlfahrtsverband mitgemacht.

Doch es gab noch einen anderen Anlass für die Geburt des Vereins. Daran erinnert sich Gründungsmitglied Mechthild Kappetein. „Wir wollten damals unsere schwarze Kasse legalisieren“, verrät sie. Denn man habe immer wieder Geld zurücklegen müssen, um mit den Patienten einen Ausflug zu machen oder auf einen neuen Bus zu sparen. „Und nun ist etwas Großes daraus geworden“, sagt Kappetein.

Denn der Reha-Verein mit seinen 270 Mitarbeitern und zehn Standorten in der Stadt bietet heute ein breites Spektrum professioneller psychosozialer Hilfen. Menschen mit seelischer Beeinträchtigung werden ambulant begleitet, beraten und unterstützt. Das Ziel ist zum einen die Arbeit an der Gesundheit der Menschen, zum anderen geht es aber auch um ein besseres Verständnis für psychische Erkrankungen in der Gesellschaft für ein Miteinander von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen.

„Daher haben wir unsere Fachtagung unter das Motto Inklusion gestellt“, sagt Dieter Schax. Um was es dabei geht, macht der Hamburger Professor Thomas Bock deutlich. Niemand sei nur gesund oder nur krank, sagt der Mediziner. „Die meisten kennen seelische Krisen und für alles haben wir Diagnosen.“ Doch nicht alles sei durch die Diagnostik zu erfahren. Es gelte vor allem, mit Menschen zu sprechen, um zu erfahren, was sie bedrücke. Die meisten Menschen hätten mit unterschiedlichen Ängsten zu kämpfen. „Das ist die größte Gruppe der Erkrankungen“, sagt Bock. Häufig seien auch Depressionen, die Bock als Schutzmechanismus der Seele bezeichnet. „Wir brauchen eine andere Sprache“, sagt Bock. Dabei gelte es auch, dass die Psychiatrie sich das Miteinander sprechen beibringe. Eine Form des Dialogs sei der Trialog. Dabei gehe es darum, dass ein Raum für ein Gespräch geschaffen werde, Teilnehmer: Menschen mit psychischen Erkrankungen, Angehörige und Fachleute im Bereich der Psychiatrie und der Psychotherapie.

Diese Idee setzt der Reha-Verein auf vielfältige Weise um, damit Menschen in ihrem jeweiligen Wohnumfeld eingebunden und ihre persönlichen Bedürfnisse aktiviert werden, um damit letztlich zu mehr Lebensqualität zu kommen. „Die Entstehung von Begegnungsstätten und Kontaktstellen ist ein Konzept, das nicht mehr wegzudenken ist“, sagt Dörte Schall. Hinzu seien neue Vorgaben gekommen wie etwa Angebote zur Tagesstruktur sowie zur Beschäftigung und Arbeit. Schall nennt die Wohnangebote, das Netz der ambulanten Dienste, das auch von der Stadt geförderte sozialpsychiatrische Zentrum. Alleine, ohne den Reha-Verein, habe die Stadt vieles nicht verwirklichen können. „Der Reha-Verein gehört immer zur Speerspitze der Innovationen im Bereich der Hilfen für Menschen mit psychischen Erkrankungen, sowohl in Mönchengladbach als auch überregional in den psychiatrischen Netzwerken auf Landes- und Bundesebene“, sagt die Beigeordnete.